Vom althochdeutschen Prozess zur modernen Bedeutung
Die deutsche Endsilbe -ung ist mehr als Grammatik: Sie speichert Prozesshaftes in Begriffen. Wörter wie Bewegung, Sendung oder Entwicklung benennen häufig zugleich Vorgang und Ergebnis – ein semantischer Doppelcharakter, der sich aus ihrer Geschichte erklärt.
Herkunft und Form
Etymologisch geht -ung auf das althochdeutsche Suffix -unga zurück. Bereits in frühmittelalterlichen Texten werden damit aus Verben Substantive gebildet, die einen Vorgang oder das Resultat bezeichnen. In der mittelhochdeutschen Phase festigt sich diese Funktion und bleibt bis ins Neuhochdeutsche stabil.
Sprachgeschichtlich ist -ung somit ein Abstraktbildungssuffix, das wesentlich zur Ausbau- und Wissenschaftssprache des Deutschen beigetragen hat – vergleichbar mit lateinischen Ableitungen auf -tio oder französisch/englischen Formen auf -tion.
Semantik: Prozess ↔ Ergebnis
Typisch für -ung ist die Oszillation zwischen Vorgang und Resultat. Je nach Kontext kann der Schwerpunkt unterschiedlich fallen:
- Messung – der Akt des Messens → Prozess
- Erinnerung – der Gedächtnisinhalt → Ergebnis
- Sendung – sowohl Übertragung als auch das Gesendete → Doppelfunktion
Beispiellexikon
von „bewegen“ – Vorgang des Bewegens, Dynamik
von „senden“ – Akt des Sendens und das Gesendete
von „wandeln“ – fortlaufende Veränderung
von „entwickeln“ – Hervorgehen, Reifung, auch Ergebnis
von „erinnern“ – Gedächtnisinhalt
Vergleich mit anderen Suffixen
Nominalisierung von Verben; Prozess und/oder Ergebnis.
Oft stärker resultativ oder institutionell (z. B. transformation).
Gerundium/Partizip mit Vorgangsfokus; nicht zu verwechseln mit Ortsnamen auf -ing.
Quellen & Hinweise
Herleitung des Suffixes -unga und seine funktionalen Ableitungen.
Historische Belege und Bedeutungsfelder zu -ung.
-ung als Motor der Abstraktbildung in der Wissenschafts- und Verwaltungssprache.
Hinweis: Diese Darstellung ist stark komprimiert; die genannten Werke bieten ausführliche Belegstellen und Analysen.